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diskursiv

10.4.2019 #diskursiv: "Die Option zu kämpfen. Statt Weniger oder Mehr: Pop als ­aufständische Assoziation”

Super User
30. Januar 2019

Wir hatten Daniel „classless“ Kulla zu Gast @ p.m.k. mit seiner Veranstaltungsreihe “Die Option zu kämpfen Statt Weniger oder Mehr: Pop als aufständische Assoziation."

Während die einen den Niedergang und Verfall der "Popkultur" beklagen, schrumpfende Verkaufszahlen und wegbrechende Einkommensgrundlagen, wiederkehrende Trends und hohle Anpasserei, kriegen sich die anderen über die vielen neuen Möglichkeiten des Internets nicht mehr ein: jeder und jede könne es jetzt schaffen, seit Tontechnik und Kameras immer einfacher verfügbar sind. Dazwischen verschwindet, nicht nur bei diesem Thema, die soziale und materielle Grundlage des Ganzen: Für alle, die's sich nicht leisten können, war Kultur und ihre Produktion immer prekär, kam stets der "hard day" vor der "night", war es nie einfach, etwas jenseits der Lohn- und Hausarbeit zu machen, den Kopf dafür freizubekommen, die nötigen Kenntnisse zu erwerben, für Verfehlungen straffrei auszugehen. Besser als auf die herabfallenden Krümel erfolgreicher kapitalistischer Beutezüge und die Anerkennung der eigenen Verwertbarkeit zu hoffen, war von unten gesehen immer, sich zusammen zu tun, auf die Pauke zu hauen, auf der Unterstützung zu bestehen oder sich gleich direkt und gemeinsam Räume und Mittel herauszunehmen.

Das fordert den Vorwurf heraus, ein instrumentelles Verhältnis zum Pop zu predigen. Im Unterschied zu den anderen Akteuren auf dem Platz - Staat, Kapital und andere nicht-staatliche Strukturen - kann eine auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtete Perspektive für sich jedoch zurecht reklamieren, im Sinne von Pop zu wirken und dessen Versprechen, unbeschwert und freizügig zu leben, tatsächlich einlösen zu wollen. Andersherum wird ein Schuh daraus: die ins Werk zu setzende gesellschaftliche Veränderung wird sich auch daran messen lassen müssen, inwiefern sie dieses Versprechen einzulösen vermag, besser: inwiefern sie ermöglicht, dass Menschen dieses Versprechen, dass sie sich ja selbst gegeben haben, einlösen können.

Klarkommen um drüber rauskommen zu können, rauskommen um besser wieder reinzukommen: Vom weiterhin explodierenden Mehr der Unternehmensgewinne ebenfalls wieder ein Mehr bekommen zu wollen, ist eine Frage geschickten Taktierens und Arrangierens, gemeinsamer sozialer Kämpfe und Streiks, über soviele Grenzen und Diskriminierungen hinweg wie möglich. Ein Mehr an Erfüllung von Wünschen und Bedürfnissen fängt darauf aufbauend mit jeder Handlung, Äußerung, Note oder Zeile an, in der das traurige heutige Dasein dieser Wünsche und Bedürfnisse anklingt, in der diese erkennbar werden, die zu ihrer Erfüllung aufreizt oder die sie bereits praktisch zu erfüllen beginnt.

Daniel Kulla
Daniel Kulla
Daniel Kulla kommt aus der DDR, schreibt, übersetzt und spricht zu Rausch und Lust, Geschichte und Verschwörung, Ideologie und Klassenkampf, singt und tanzt bei Clastah, Egotronic und Björn Peng, bloggt auf
classless
Kategorie: diskursiv